Wer kennt es nicht, das wohl berühmteste Zitat aus Goethes Faust. Zwischen der Wissenschaft und dem Leben hin- und hergerissen, sucht er schließlich sein Heil im Bund mit dem Teufel. Hin- und hergerissen ist sie auch, und auch die beiden Pole ähneln sich: die Schule mit all ihrer Verantwortung und Herausforderung als Leiterin auf der einen und das Leben in wohlverdienten Ruhestand auf der anderen Seite. Lange Zeit sei sie unentschlossen gewesen. Doch während der Wintermonate ist die Entscheidung gefallen: Petra Brenner-Wolff, die langjährige Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Marpingen, wird am 1. August 2021 mit 65 Jahren in den Ruhestand treten, ein halbes Jahr früher als geplant. Am letzten Schultag vor den großen Ferien wird sie von der gesamten Schulgemeinschaft und den Vertretern des Landkreises St. Wendel verabschiedet.
Petra Brenner Wolff ist mit ganzer Seele Pädagogin. Unterrichten, der Umgang mit Schülerinnen und Schülern – das war und ist ihre Berufung geblieben. Ihr Herz schlage ganz besonders für junge Menschen, deren Start ins eigene Leben aufgrund familiärer und sozialer Umstände nicht so glanzvoll verlaufe. Petra Brenner-Wolff hat sich immer für Chancengerechtigkeit in ihrer Schule, aber auch im Schulsystem generell eingesetzt. Zuweilen ist sie dabei auch an Grenzen gestoßen – an ihre eigenen, gesundheitlichen, an die der zunehmenden Verwaltungsaufgaben und an die des Schulsystems und der Wahrnehmung vieler Menschen: „Es wird noch immer zwischen dem Königsweg der Bildung, dem Gymnasium, und der Gemeinschaftsschule unterschieden.“ Sie könne von viel Unverständnis und Vorurteilen berichten, aber auch von Jugendlichen, Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, die sich gegen dieses Zweiklassensystem stellen und bewusst die Gemeinschaftsschule wählen. Sie steht dabei ganz in der Tradition der ehemaligen Gesamtschule Marpingen und ihres Vorgängers Edmund Hinsberger, dessen Stellvertreterin sie seit 2009 war. Mit der Übernahme der Schulleitung im Jahre 2012 kam auch gleichzeitig die Umwandung zur Gemeinschaftsschule, wobei Petra Brenner-Wolffs Richtschnur die gleiche blieb - eine Schule für alle Kinder und Jugendliche zu leiten.
Petra Brenner-Wolff studierte an der pädagogischen Hochschule Saarbrücken die Fächer Arbeitslehre und Deutsch. Sie konnte nach ihrem Staatsexamen vielfältige Erfahrungen in diversen Schulen des Saarlandes sammeln und war 1989 aktiv am Aufbau der Gesamtschule Völklingen-Ludweiler beteiligt. Zum Schuljahr 1995/96 wechselte sie dann an die Gesamtschule Marpingen. Ihren Schwerpunkt setzte sie im Unterrichtsfach Deutsch und leitete viele Jahre zusammen mit Martina Pape und Klemens Bott die Theater-AG. Die Organisation einer Schule verlangte allerdings in zunehmenden Maße Verwaltungs- und Vermittlungstätigkeiten, doch es war ihr stets ein großes Anliegen, wenigstens einige Klassen weiter zu unterrichten, was für sie weniger Belastung denn Erfüllung bedeutete.
Dennoch, die Schulleitungstätigkeiten dominierten ihre Arbeit: In den vergangenen Jahren als Schulleiterin hat sie sage und schreibe mehr als 2000 Zeugnisse pro Schuljahr unterschrieben, sie war Chefin rund 80 Lehrerinnen und Lehrern, dazu kamen pro Schuljahr rund 20-30 Referendare und Schulpraktikanten. Die Schul-, Gesamt- Zeugnis- und Klassenkonferenzen, die Besprechungen mit dem Bauamt, dem Schulträger, dem Ministerium, Jugendamt, mit Eltern- und Schülervertretern etc. bleiben ungezählt – und auch die Rundschreiben, Mailnachrichten und Elternbriefe, die sie im besonderen Maße während der Corona-Pandemie verfasste.
Diese Verantwortung gibt sie nun nach neun Jahren an der Spitze der Gemeinschaftsschule Marpingen ab. Was sie mit der vielen freien Zeit nun anfangen möchte, diese Frage beantwortet sie nur vage: „Es gilt jetzt erst einmal durchzuatmen, v.a. die vergangenen Corona-Monate waren äußerst stressig und von ständigen Neuerungen geprägt.“ Sie wird sich erst einmal ihrer Lieblingsbeschäftigung widmen, in ihrem weitläufigen Garten arbeiten, um wieder stärker in Kontakt mit der Natur zu kommen. Besonders freue sie sich, öfter in Konzerte zu gehen, sie ist erklärter Fan von Anne-Sophie Mutter. Auch Reisen, das Entdecken der näheren und weiteren Umgebung, liegt ihr am Herzen. „Gerade auch vor unserer Haustür, im nahen Lothringen und Luxemburg, gibt es viele Ecken, die ich noch nicht kenne“.
Die Schule, die Kolleginnen, Schüler und Schülerinnen werden der überzeugten und engagierten Lehrerin und Schulleiterin auf jeden Fall fehlen, weniger wohl der von Formularen, Vorgaben und Richtlinien geprägte Schulalltag. Und auch nicht, da zeigt sie sich ganz sicher, der Unterschriftenmarathon am Ende des Schuljahres. Mit der letzten Signatur unter dem letzten Zeugnis am 16. Juli 2021 gehört dieser Lebensabschnitt nun endgültig der Vergangenheit an.