Die Corona-Pandemie stellt auch junge Menschen, Schüler und Schülerinnen vor große Herausforderung: Schon vor den Schulschließungen im Dezember gab es zahlreiche Einschränkungen im täglichen Unterricht: Singen, vortragen, vorlesen, diskutieren, in der Gruppe arbeiten waren stark eingeschränkt oder sogar gänzlich untersagt. Fast fiel so auch eine jahrzehntealte Tradition an der Gemeinschaftsschule Marpingen der Pandemie zum Opfer – der Vorlesewettbewerb der Stufe 6, initiiert vom Börsenverein des deutschen Buchhandels zur schulischen Leseförderung.
Bei diesem jährlich stattfindenden Wettbewerb werden auf unterschiedlichen Ausscheidungsebenen ausgezeichnete Vorleser ermittelt, die es schaffen, die Heldinnen und Helden ihrer Lieblingsbücher im Vortrag zum Leben zu erwecken. Die Klassenwettbewerbe der vier Sechserklassen der Gemeinschaftsschule Marpingen konnten noch unter Beachtung der Abstands- und Lüftungsregeln im Herbst durchgeführt werden. Doch dann schien mit den steigende Zahlen und neuen Beschränkungen das vorzeitige Ende des Vorlesewettbewerbs gekommen zu sein. Wie sollte denn die schulinterne Ausscheidung mit einer Jury aus Oberstufenschülern und Lehrern unter Coronabedingungen realisiert werden? Da waren Kreativität und Engagement gefragt, denn eine Annullierung dieses Höhepunktes im Schuljahr der Stufe sechs kam für niemanden in Frage. Die Lösung: Die jeweils zwei Klassenbesten schickten der Jury aus Lehrerinnen und Lehrern eine selbst aufgenommene Audiodatei, auf der sie eine vorgelesene Passage aus ihren Lieblingsbüchern aufgenommen hatten. Besonderes Gewicht legte die Jury darauf, ob die Stimmung des Textes, der Personen und der dargestellten Situation getroffen und wiedergegeben werden. Das setzte natürlich voraus, dass sich die jungen Leserinnen und Leser auch selbst vom Text mitreißen ließen. Ausgewertet wurden die Hörbeispiele anschließend von Deutschlehrern der Marpinger Schule im Home-Office. Doch eindeutig war das Ergebnis nicht – und so mussten unter Beachtung aller Hygieneregeln am letzten Schultag vor dem Lockdown Levi Schulze (6a) und Lea Röring (6c) live gegeneinander antreten. Diesmal galt es, mit einem unbekannten Text klarzukommen: Michael Endes "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" stellte nicht nur im Titel, sondern auch beim Vortragen eine große Herausforderung dar. Lea und Levi schafften es, flüssig und fehlerfrei vorzulesen. Mit der fantastischen Atmosphäre des berühmten und schon oft auf die Bühne gebrachten Kinder- und Jugendromans kam allerdings Levi am besten zurecht. Er steht nun nach einhelliger Meinung der Lehrerjury als Schulsieger fest und wird die Gemeinschaftsschule Marpingen beim diesjährigen Kreiswettbewerb in St. Wendel vertreten – sofern es die Pandemielage zulässt. Und trotz aller Widrigkeiten des Wettbewerbsjahres 20/21, alle stimmen einhellig zu: Lesen und Vorlesen hat nichts von seiner Faszination verloren. „Im Gegenteil“, meint nicht nur Ute Karl, die langjährige Organisatorin des Vorlesewettbewerbs an der Marpinger Schule. „Gerade jetzt, da man doch sehr häufig zu Hause ist und seine Freunde kaum mehr persönlich sieht, ist das Lesen die Möglichkeit, neue Horizonte zu entdecken, neue Menschen kennenzulernen und zumindest in der Phantasie dem zunehmend belastenden Alltag zu entkommen.“
Am Marpinger Vorlesewettbewerb haben teilgenommen: Lilly Wagner und Amelie Gabler aus der 6d, Lucy Nikolay und Lea Röring (6c), Dion Kirsch und Emily Aatz (6b) sowie Levi Schulze und Maurice Endres aus der 6a.